Ovaler Tisch verabschiedet neue Fachkräftestrategie

„Deutschland steckt mitten in der Transformation. Der demographische Wandel und die Digitalisierung verändern bereits jetzt Gesellschaft und Arbeitswelt. Hinzu kommen die ökologischen und ökonomischen Folgen der Klimakrise und nun auch die Auswirkungen des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges in der Ukraine. Das alles zusammen wird Veränderungen in historischem Ausmaß mit sich bringen“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer anlässlich der Vorstellung der neuen Fachkräftestrategie der Landesregierung und des Ovalen Tischs. „Die Sicherung des Fachkräftebedarfs von heute und morgen ist ein entscheidender Schlüssel, um auch für die Zukunft in Rheinland-Pfalz Wohlstand und gesellschaftlichen Zusammenhalt sichern zu können. Ob beispielsweise in der Klimatechnik oder beim Umbau einer neuen klimafreundlichen Mobilität, überall werden dringend Fachkräfte benötigt“, so die Ministerpräsidentin. Mit der neuen Fachkräftestrategie des Landes für die kommenden vier Jahre gehe die Landesregierung gemeinsam mit ihren Partnern in einem starken Bündnis die entscheidenden nächsten Schritte.
Die neue Fachkräftestrategie des Landes für den Zeitraum 2022 bis 2026 ist weiterhin branchenübergreifend ausgerichtet. Sie formuliert Ziele und Vorhaben, die den Herausforderungen einer sich transformierenden Arbeits- und Ausbildungswelt gerecht werden.

Daniela Schmitt, Ministerin für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, erklärte: „Wir erleben nicht erst seit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine ein Wirtschaftsumfeld, das von Megatrends wie der Dekarbonisierung oder der Digitalisierung geprägt wird. Die rheinland-pfälzischen Unternehmerinnen und Unternehmer sind auf diese Herausforderungen gut vorbereitet und passen ihre Geschäftsmodelle mit innovativen Verfahren und Produkten an. Doch die Unternehmen brauchen qualifizierte Fachkräfte. Hier setzt die Fachkräftestrategie an.“ Der Fachkräftemangel sei eine Realität, doch man verfüge mit dem dualen Ausbildungssystem über ein starkes Instrument, um entgegenzusteuern: „Wir wollen das System qualitativ und quantitativ stärken, indem wir die Zusammenarbeit der beiden dualen Ausbildungsorte Betrieb und Berufsschule intensivieren und die Kommunikation über die Vorzüge des dualen Systems verbessern.“ Angesichts des demografischen Wandels komme innerhalb der Strategie auch der Fachkräftezuwanderung eine hohe Bedeutung zu: „Wir müssen allen Menschen mit Können, Talenten und Wissen schnell die Chance geben, sich auf dem Arbeitsmarkt einzubringen“, so die Wirtschaftsministerin.
„Gut qualifizierte Fachkräfte haben nicht nur hervorragende Aussichten auf dem Arbeitsmarkt, sondern sind zugleich unverzichtbar für den Erfolg unserer Wirtschaft. Wie schon ihre Vorgänger zeichnet auch diese Fachkräftestrategie aus, dass sie an vielen Stellen gleichzeitig ansetzt. Dazu gehört gleich eine ganze Reihe von Vorhaben, mit der die Partner explizit den Wandel unserer Arbeitswelt gestalten wollen“, so Arbeits- und Transformationsminister Alexander Schweitzer und verwies dabei zugleich auf die Rolle der neuen Transformationsagentur. „Auch der Arbeit unserer Transformationsagentur liegt der Gedanke zugrunde, dass der digitale, ökologische und demografische Wandel nur gemeinsam gelingen kann. Ich freue mich daher sehr, dass sich die Partner des Ovalen Tischs auf ein abgestimmtes Vorgehen verständigt haben.“
„Die Fachkräftegewinnung steht auch im Bereich der frühkindlichen wie schulischen Bildung ganz oben auf der Agenda. Als Land bilden wir deshalb kontinuierlich Lehrkräfte aus und stellen jedes Jahr rund 1.000 Lehrerinnen und Lehrer ein“, erklärte Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig. „Die Studierendenzahlen im Bereich der Grundschulen steigen auch wieder, was auch vor dem Hintergrund des Ganztagsausbaus ein gutes Zeichen ist. Gleichzeitig hat es sich die gesamte Verantwortungsgemeinschaft Kita zur Aufgabe gemacht, um Erzieherinnen und Erzieher zu werben. Als Land starten wir deshalb Ende des Jahres eine groß angelegte Fachkräftekampagne.“
Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Rheinland-Pfalz/Saarland, Susanne Wingertszahn, betonte die Bedeutung der Qualität der Berufsausbildung und der Ausbildungsbedingungen. „Um Fachkräfte auszubilden und zu halten, braucht es gute Arbeitsbedingungen. Deshalb freuen wir uns, dass mit der Fachkräftestrategie der Arbeitsschutz massiv ausgebaut werden soll und eine Stärkung der Weiterqualifizierung der Ausbilderinnen und Ausbilder verankert ist. Ein zentrales Instrument für gute Arbeit sind Tarifverträge. Deshalb ist es gut, dass wir erreicht haben, dass die Landesregierung prüft, wie die Tarifbindung durch die Vergabe von öffentlichen Aufträgen gestärkt werden kann.“
„Für die Unternehmen ist der der Bereich der Weiterbildung von zentraler Bedeutung. Die Berufe verändern sich stetig. Dadurch verändern sich auch die Anforderungen an die Beschäftigten. Wir Partner des Ovalen Tischs wollen die Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Betriebe in diesem Wandel unterstützen. Jeder von uns hat dabei seinen eigenen Verantwortungsbereich. Die Bewältigung des Fachkräftemangels kann nur gemeinsam gelingen“, verdeutlichte Johannes Heger, Präsident der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU).
„Ein wesentlicher Schwerpunkt der Fachkräftestrategie ist das Thema Qualifizierung und Weiterbildung. Die permanente Veränderung der Arbeitswelt erfordert gut strukturiertes, lebensbegleitendes Lernen. Neben vielen Informationsmöglichkeiten auch für einzelne Berufsfelder unterstützt vor allem die Berufsberatung im Erwerbsleben in diesen Fällen. Diese spezialisierten Kolleginnen und Kollegen in den Agenturen für Arbeit bieten sowohl individuelle Beratungen wie auch gegebenenfalls auf den Einzelfall zugeschnittene Fördermöglichkeiten an“, so Heidrun Schulz, Chefin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit.
Kurt Krautscheid, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern, stellte die Schwerpunkte der Fachkräftestrategie aus Sicht der Handwerkskammern dar: „Die neue Fachkräftestrategie des Landes geht eine der wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit an und wir unterstützen die Zielsetzungen von ganzem Herzen. Denn die Transformation, deren Tempo mit den jüngsten Ereignissen sogar deutlich zugenommen hat, wird nur gelingen, wenn wir mehr Fachkräfte für die Wirtschaft gewinnen können. Das ist kein Luxusproblem, sondern eine ernsthafte Herausforderung für uns alle! Der Mittelstand und das Handwerk sind tragende Säulen unserer Wirtschaft. Und die müssen gerade jetzt tragfähig sein, was genügend gut qualifizierte Fachkräfte voraussetzt.“
„Nach Einschätzung der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz ist die Ausbildungsbereitschaft der rheinland-pfälzischen Unternehmen trotz Corona, Krieg und steigender Energiekosten weiterhin sehr hoch. Das zeugt nicht nur von der Weitsicht der Unternehmen, sondern verdeutlicht auch, dass vielerorts enormer Personalbedarf besteht. Der Fachkräftemangel fordert alle beteiligten Akteure stärker denn je. Umso wichtiger ist es daher, dass die Partner die Fachkräftestrategie 3 im Sinne der regionalen Wirtschaft mittragen und alle neuen verfügbaren Wege zur Fachkräfterekrutierung nutzen“, sagte Hauptgeschäftsführer Dr. Jan Glockauer für die Industrie- und Handelskammern in Rheinland-Pfalz.
Dem Ovalen Tisch gehören neben den zuständigen Fachministerinnen und –ministern der Landesregierung auch Vertreterinnen und Vertreter der Kammern, der Gewerkschaften, den Arbeitgeberverbänden und der Bundesagentur für Arbeit an. Unter der Leitung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer beraten sie regelmäßig über die Situation auf dem Ausbildungsmarkt und Maßnahmen zur Sicherung des Fachkräftebedarfs. Gemeinsam wurde erfolgreich eine Fachkräftestrategie erarbeitet, die stetig fortgeführt und für die Zukunft weiterentwickelt werden soll.
Die Ministerpräsidentin dankte den teilnehmenden Organisationen und Institutionen für das konstruktive Miteinander und die enge Zusammenarbeit. „Die Strategie wird von allen wichtigen Partnern und Partnerinnen auf dem rheinland-pfälzischen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt getragen. Daher danke ich allen für ihr engagiertes Mitwirken an der Erarbeitung. Denn nur gemeinsam können wir die uns allen bekannten großen Herausforderungen bewältigen.“